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Organisch modifizierte Harnstoffe

Die Gruppe der flüssigen Thixotropieradditive stellt aufgrund Ihres Wirkmechanismus/Wirkprofils und ihres einfachen Handlings eine Klasse einzigartiger Rheologieadditive dar, die für unterschiedlichste Rheologieeinstellungen zum Einsatz kommen.

Wirkprofil/Eigenschaften/Vorteile

Flüssige Thixotropieradditive sind für einen sehr breiten Polaritätsbereich von wässrigen bis zu unpolaren aliphatischen Systemen geeignet. Sie können sowohl in lösemittelhaltigen als auch lösemittelfreien Systemen eingesetzt werden. Durch ihre flüssige, niedrigviskose Lieferform sind sie einfach zu handhaben und können somit durch Einrühren als Postadditiv in das fertige System eingearbeitet werden. Eine Dosierung unter Rührbedingungen, die eine schnelle, gleichmäßige Verteilung des Additivs gewährleistet, ist in der Regel völlig ausreichend, um den gewünschten Rheologieeffekt zu erzielen. So sind starke Scherkräfte oder gar eine Temperaturaktivierung, wie sie bei vielen anderen Rheologieadditiven notwendig sind, nicht erforderlich.

Rheologie Grafik

Die flüssigen Thixotropieradditive zeichnen sich vor allem durch eine ausgeprägte Strukturbildung im niedrigen Schergeschwindigkeitsbereich aus. Unter Scherung zeigen sie einen starken Scherverdünnungseffekt mit einem anschließenden zeitabhängigen Wiederaufbau der Struktur (Thixotropie). Die Geschwindigkeit des Strukturwiederaufbaus ist dabei abhängig von der Additivdosierung und dem Festkörper der Formulierung (je höher, desto schneller). Die Ergebnisse sind eine ausgesprochen gute Lagerstabilität, ein ideales AntiAbsetzverhalten und ein verbessertes Standvermögen. Die niedrige Applikationsviskosität gewährleistet eine optimale Zerstäubung bei der Spritzapplikation, eine gute Untergrundbenetzung und einen guten Verlauf. Ein besonderer Vorteil dieser Additivklasse ist die ausgeprägte Elastizität, wodurch auch bei niedriger Viskosität eine gute Lagerstabilität/ein gutes Anti-Absetzverhalten erzielt wird, z.B. bei Automobillacken.

Struktur und Wirkmechanismus

Harnstoffverbindungen verfügen über funktionelle Gruppen, die in der Lage sind, über Wasserstoffbrückenbindungen ein dreidimensionales Netzwerk aufzubauen. Ein solches Netzwerk ist reversibel und kann zur Rheologieeinstellung genutzt werden, wie beispielsweise zur Einstellung der Viskosität. Natürlich vorkommender Harnstoff kann Wasserstoffbrücken ausbilden, ist allerdings aufgrund seiner Struktur in vielen Medien unverträglich. Durch eine geeignete chemische Modifikation lassen sich organische Gruppen an die Harnstoffeinheit binden, wodurch Organoharnstoffe entstehen. Je nach Art der organischen Modifikation kann die Polarität und somit die Verträglichkeit über weite Bereiche eingestellt werden, sodass entsprechende Modifikationen für wässrige bis unpolare kohlenwasserstoffbasierende Systeme geeignet sind. Dies ist ein entscheidender Faktor, wenn es um die maßgeschneiderte Struktur eines harnstoffbasierten Rheologieadditivs für einen bestimmten Polaritätsbereich geht.

Der Wirkmechanismus von Organoharnstoffen basiert auf einem genau eingestellten Gleichgewicht von Löslichkeit und Unlöslichkeit: Als Additiv liegt der Organoharnstoff in einem geeigneten Trägermedium gelöst vor und das Additiv ist daher dünnflüssig, pumpbar, leicht zu dosieren und einfach handzuhaben. Beim Einsatz des Additivs in einem Anwendungssystem kommt es in situ zur Ausbildung mikroskopisch so kleiner kristalliner Teilchen, dass diese keinen Einfluss auf den Glanz des Systems haben.

Diese winzigen Kristalle bauen untereinander über die beschriebenen Wasserstoffbrücken ein dreidimensionales Netzwerk auf. Da an dieser Netzwerkbildung nur die Harnstoffkristalle selbst beteiligt sind, ist deren Wechselwirkung in der Regel unabhängig von weiteren Komponenten der Formulierung wie Bindemitteln oder Pigmenten. Hierdurch unterscheiden sich harnstoffbasierte Rheologieadditive von solchen, die eine spezifische Wechselwirkung mit anderen Bestandteilen einer Formulierung benötigen (wie z. B. Assoziativverdicker in Wechselwirkung mit dem Bindemittel oder Netz- und Dispergieradditive mit Pigmenten und Füllstoffen). Die Wechselwirkung ist in der Regel auch unabhängig von Faktoren wie dem pH-Wert oder der Gegenwart diverser Ionen. Deshalb lassen sich Harnstoffadditive auch erfolgreich zur Verdickung von Säuren, Laugen und Salzlösungen einsetzen.

Hydrogen Bonds

 

Die Ausbildung eines reversiblen Netzwerkes über Wasserstoffbrücken führt zu einem stark thixotropen Fließverhalten: Wird das Netzwerk durch Krafteinwirkung zerstört, benötigt die Neuausrichtung der Harnstoffstrukturen Zeit, was den zeitlich verzögerten Wiederaufbau des Netzwerkes und damit der Viskosität erklärt.

Die Ausbildung des dreidimensionalen Netzwerkes hat neben der Viskosität auch einen Einfluss auf die viskoelastischen Eigenschaften. Durch eine Erhöhung der elastischen Anteile eignen sich Organoharnstoffe weiterhin zur Einstellung einer Fließgrenze sowie zur Erzielung von Anti-Absetzeigenschaften, auch ohne hierbei eine starke Viskositätserhöhung zu verursachen. Die Balance zwischen Viskositätserhöhung, Schichtdicke und Anti-Absetzwirkung lässt sich über die Dosierung des Additivs steuern. Organoharnstoffe können neben den Harnstoffgruppen auch weitere funktionelle Gruppen enthalten. So enthalten beispielsweise Harnstoffurethane Kombinationen von Harnstoff- und Urethanfunktionen. Polyharnstoffe stellen eine Untergruppe der Organoharnstoffe dar, die über längere Molekülsequenzen mit Harnstoffeinheiten verfügen.

Produktinformationen für organisch modifizierte Harnstoffe