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Windkraftanlagen

Das schwächste Glied der Kette stärken

Coupling agents steigern die Leistungsfähigkeit von Verbundwerkstoffen

Die zunehmende Bedeutung von Windenergie und Elektromobilität führt zu einem höheren Bedarf an Leichtbaulösungen. Diese müssen hohe mechanische Stabilität und Zuverlässigkeit garantieren. Coupling agents sorgen für eine starke Verbindung zwischen Harz und Verstärkung, wodurch haltbarere und langlebigere Materialien bei gleichzeitig erhöhter Gestaltungsfreiheit möglich sind.

Autoren

[Translate to German:] Dr. René Nagelsdiek

Dr. René Nagelsdiek

Head of R&D Organic Rheology Additives

Lee Gunning

Head of TS Advanced Composites

In den vergangenen Jahrzehnten sind Verbundwerkstoffe zu einem essenziellen Teil des täglichen Lebens geworden. Sie ermöglichen in vielen Bereichen erst den Technologiewandel, beispielsweise als wesentlicher Bestandteil von Windkraftanlagen und elektrischen Fahrzeugen. In vielen Fällen liegen Composites als Kombination von vernetzten organischen Polymeren, der Matrix, und anorganischen Komponenten wie Füllstoffen und Fasern vor. Auch wenn diese anorganischen Materialen in einigen Bereichen die Funktion eines kostengünstigen Füllstoffs übernehmen, führen sie doch zu einem verbesserten Eigenschaftsprofil des Gesamtbauteils. Das äußert sich etwa durch eine verbesserte Oberflächenqualität, Flammwidrigkeit oder Abriebfestigkeit. Fasermaterialien wie Glas- und Carbonfasern tragen maßgeblich dazu bei, die mechanischen Eigenschaften des Verbundwerkstoffs zu verbessern und gleichzeitig das Gewicht des Bauteils zu reduzieren. Ohne diese anorganische Verstärkung wären die für Emissionsreduzierung, eine höhere Kraftstoffeffizienz und erneuerbare Energien erforderlichen Leichtbaumaterialien nicht umsetzbar.

Trotz des vorteilhaften Einflusses der anorganischen Komponenten auf den Verbundwerkstoff kann sich die Grenzfläche zwischen der Matrix und dem anorganischen Bestandteil als das schwächste Glied im Gesamtsystem erweisen und dessen maximale Leistung begrenzen. Eine verbesserte Anbindung zwischen der Harzmatrix und der dispergierten Phase kann deshalb zu noch weiter verbesserten mechanischen Eigenschaften führen. Eine einfache Möglichkeit, die gewünschte Anbindung zu optimieren, stellen Additive dar, die mit dem Harz vernetzen und gleichzeitig eine stabile Bindung mit dem Füllstoff oder der Faser eingehen können. Diese Additive werden als coupling agents bezeichnet.

Matrix und Füllstoffe miteinander vernetzen

Coupling agents erzeugen eine Brücke zwischen der organischen Harzmatrix und den partikulären Füllstoffen bzw. Fasermaterialien, indem sie starke Bindungen zur Oberfläche des Füllstoffs bzw. der Faser aufbauen und während des Thermoset-Härtungsprozesses mit der Matrix vernetzen (Abb. 1). Diese starke Verbindung zwischen den organischen und den anorganischen Komponenten der Formulierung führt zu erhöhten mechanischen Eigenschaften des hergestellten Verbundwerkstoffs. Allgemein enthält ein coupling agent mindestens zwei Arten von funktionellen Gruppen: erstens eine reaktive Gruppe, die mit der Matrix während des Härtungsprozesses copolymerisiert, und zweitens eine oberflächenaffine Gruppe, die zur Anhaftung an der Oberfläche des Partikels oder der Faser fähig ist. In einem radikalisch härtenden System, z. B. einem ungesättigten Polyester- oder Acrylatharz, verfügt der coupling agent beispielsweise über polymerisierbare Doppelbindungen. Wird das Duromer über einen Zweikomponentenmechanismus gehärtet – sogenannte 2K-Systeme, wie die meisten Epoxid- oder Polyurethanharze – kann der coupling agent gegenüber dem Harz oder dem Härter reaktiv sein.

Da der coupling agent als Brückenbildner zwischen Matrix und dispergierter Phase fungiert, muss das Additiv zwangsläufig für eine bestimmte Kombination von Matrix und anorganischer Phase konzipiert sein. Es gibt daher keinen universellen, für alle Konstellationen geeigneten coupling agent. Jedoch steht mittlerweile eine große Anzahl an coupling agents für die verschiedenen Kombinationen von Matrix und Verstärkung zur Verfügung. Einige Beispiele für Anwendungen, bei denen sich der Einsatz lohnt, werden im Folgenden vorgestellt.

Höhere Biegefestigkeit bereits bei Zugabe von 0,2 %

Typische Anwendungen für quarzgefüllte ungesättigte Polyestersysteme sind Polymerbeton, künstlicher Marmor und Kunststein. Bei diesen ist es wünschenswert, die mechanische Leistungsfähigkeit für ein bestimmtes Teil zu erhöhen oder die Dicke des Bauteils bei gleichbleibenden mechanischen Eigenschaften zu reduzieren, um dadurch Kosten zu verringern und Material einzusparen. Beides kann durch den Einsatz eines coupling agents erreicht werden. Beispielsweise erhöht sich die Biegefestigkeit bereits bei einer Dosierung von 0,2 Gew.-% des Additivs (bezogen auf den Füllstoff) signifikant (Abb. 2).

Unter dem Elektronenmikroskop zeigt sich, dass in Gegenwart des coupling agents Kavitäten minimiert und Harz und Füllstoff fest miteinander verbunden werden (Abb. 3). Sobald die größtmögliche Anzahl an Verknüpfungsstellen durch den coupling agent ausgebildet wurde, kann eine weitere Erhöhung seiner Dosierung jedoch nicht zu noch besseren mechanischen Eigenschaften führen.

Neben der Verbesserung der mechanischen Eigenschaften können die mit dem coupling agent optimierten Systeme zusätzliche Vorteile bieten. Beispiele dafür sind etwa eine erhöhte Heißwasser- und Chemikalienbeständigkeit. Das verlängert die Lebensdauer eines Bauteils und minimiert Blasenbildung bei Feuchtigkeits- und Temperatureinwirkung.

Coupling agents für CFK

Carbonfaserverstärkte Kunststoffe (CFK) werden eingesetzt, wenn hohe Materialfestigkeit und niedriges Gewicht von Verbundteilen in Einklang gebracht werden sollen. Das ist u.a. in der Luft- und Raumfahrt, der Automobilindustrie sowie bei Windenergieanwendungen der Fall [1]. In diesen Branchen erfolgt die Herstellung von Verbundwerkstoffen häufig mittels RTM-Verfahren (Resin Transfer Molding), über Prepregs, via Pultrusion oder über SMC-Technologie (Sheet Molding Compound), jeweils in Kombination mit verschiedenen Harzmatrixsystemen. Geeignete coupling agents können sowohl bei geschnittenen Fasern als auch bei Geweben und Gelegen Vorteile für die Biege- und Zugfestigkeit bringen (Abb. 4).

Analog zu partikulären Füllstoffen zeigt sich die mechanische Verbesserung auch bei faserverstärkten Systemen unter dem Elektronenmikroskop (Abb. 5). In Abwesenheit eines coupling agents sind nach Materialversagen nur wenige Harzreste auf der Faseroberfläche nachweisbar. Das unterstreicht die unzureichende Adhäsion zwischen Faser und Matrix. Im Gegensatz dazu sind in Gegenwart eines geeigneten coupling agents erhebliche Mengen an Harzresten auf der Faseroberfläche zu erkennen. In einigen Fällen ist die Haftung zwischen Carbonfaser und Matrix sogar so stark, dass es zu einem Faserbruch kommt.

Qualität von gealterten Glasfasern erhöhen

Das am häufigsten verwendete Fasermaterial zur Verstärkung von Composites sind Glasfasern. Beispiele für solche glasfaserverstärkten Systeme finden sich in den Bereichen Windenergie, Schiffsbau, Sport, Sanitär und Bauwesen. Bei diesen kann die Querzugfestigkeit durch Zugabe eines geeigneten coupling agents deutlich erhöht werden.

Die Qualität der Faserschlichte reduziert sich unter bestimmten Lagerbedingungen, weshalb gealterte Fasern zu einer schlechteren Leistung des endgültigen Systems führen können. Coupling agents können diesen Alterungsprozess kompensieren, wodurch Verbundwerkstoffe mit ähnlichen Eigenschaften wie mit frischem Fasermaterial möglich sind. Dieser Effekt hilft, den Herstellprozesses durch höhere Zuverlässigkeit und geringere Chargenschwankungen zu verbessern.

Coupling agents können auch für höhere mechanische Eigenschaften bei radikalisch härtenden Systemen sorgen. Dadurch kann das System entsprechend den Leistungsanforderungen eingestellt werden, auch wenn diese über die typischen Eigenschaften des Materials an sich hinausgehen (Abb. 6).

Fazit

Der Optimierung mechanischer Kennwerte kommt eine Schlüsselrolle bei der Konzeptionierung und Herstellung von Composites zu. Auch wenn die Möglichkeit besteht, Einzelkomponenten wie Harze, Füllstoffe oder Fasern weiter zu verbessern, sind dem Einfluss dieser Komponenten auf die Eigenschaften des Gesamtbauteils Grenzen gesetzt. Ein alternativer Ansatz besteht darin, die Verbindung zwischen der Harzmatrix und der darin dispergierten, verstärkenden Phase zu optimieren. Eine einfache Möglichkeit dafür ist die Verwendung von Additiven, die mit dem Harz vernetzen und gleichzeitig eine stabile Bindung zum Füllstoff oder zur Faser ausbilden. Die Struktur dieser coupling agents muss auf die Chemie von Matrix und dispergierter Phase angepasst sein. 

Ein Beispiel dafür sind die coupling agents der Produktfamilie BYK-C 8000 von BYK. Sie bilden eine starke Verbindung zwischen Harz und Verstärkungsmaterial, wodurch belastbarere und haltbarere Materialien möglich sind. Außerdem ergibt sich dadurch ein größerer Freiraum für das Materialdesign. Die verbesserten Eigenschaften der Composites können ausschlaggebend dafür sein, das Verhältnis von Kosten und Leistung von Systemen in den gewünschten Bereich zu bringen. Der Einsatz von coupling agents bietet somit sowohl Zugang zu neuartigen technischen Problemlösungen als auch zu Kosteneinsparungen.

Coupling agents sind für eine große Bandbreite an Systemen einsetzbar, darunter Epoxid-, ungesättigte Polyester-, Vinylester- und Acrylatharze. Sie sind mit unterschiedlichen anorganischen Verstärkungsmaterialien kombinierbar, beispielsweise Quarz, Aluminiumhydroxid sowie Glas- und Carbonfasern. Außerdem können sie in verschiedenen Stadien der Verarbeitung angewandt werden, etwa bei der Herstellung von Verstärkungsmaterialien (Oberflächenbehandlung von Füllstoffen und Fasern), als Teil der Harzformulierung (Verwendung als Additiv im Harz) und bei der Composite-Herstellung selbst (z. B. als Second Sizing oder direkt vor oder während der Applikation). Coupling agents lassen sich somit an verschiedenen Stellen der Wertschöpfungskette einsetzen. Das schließt so unterschiedliche Marktteilnehmer wie Hersteller von Füllstoffen und Fasern, Harzhäuser und Composite-Hersteller ein. Unternehmen können mit den Additiven Wettbewerbsvorteile gegenüber marktüblichen Systemen erzielen.

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